Daniil Zauber 2018

Verrücktes Musiktheater mit 13 Kindern

Ich schreibe Geschichen für Kinder. Obwohl ich sie eigentlich nicht mag.
Seltsam, oder? Verrückt? So verrückt, wie meine Geschichten. Die russischen Kinder haben sie geliebt.
Und sie liebten mich – vielleicht, weil ich zaubern kann …

13 Kinder berichten von einem fast vergessenen Erzähler, von Daniil Zauber, der eigentlich ganz anders hieß. Sie erwecken seine seltsame Welt zum Leben: tanzende Hunde, fliegende Omas, ungezogene Korken und Erbsenpürree. Sie zaubern Bilder und Klänge voller Magie und Poesie und nebenbei erzählen sie von einem, der den Mut nicht verliert und in größter Not die Kraft der Fantasie behält.

mit Clara Timm, Olivia Nair, Jara Schubert, Vincent Friedlein, Aren Manassian, Sarah Henker, Zara Wills, Diyan Samsami, Lucy Kuppe, Annika Meyer, Mari-Lynn Arnold, Hannah Jäkle, Birke Grohmann

Regie: Max Petermann
Musik: Volker Ell
Dramturgie/Text: Ossian Hein
Kostüm: Balduin Bollin
Grafik: Jula Henker

Info: max.petermann [at] gmx [dot] de

http://https://vimeo.com/305304415

Pressestimme       Ein Dichter, der nicht dichten darf         von Bettina Bergstedt, Darmstädter Echo vom 15.10.2018

Tolle Bühne, tolle Musik, tolle Choreografie und Regie und 13 richtig tolle Kinder, die auf der Bühne präzise, sehr konzentriert und klug agieren…  In dem Stück mit dem schönen Titel „Daniil Zauber“ wird anhand der Geschichte des russischen Schriftstellers Daniil Chams, 1905 geboren und 1942 im Leningrader Gefängnis wegen Unterernährung gestorben, der Stalinismus und Bürokratismus in der Sowjetunion und die systematische Verfolgung eines Andersdenkenden in einzelnen Szenen spielerisch vorgeführt. Dazu wurden zahlreiche Textfragmente aus Chams Geschichten oder Tagebüchern zusammengesammelt und in einer Collage verarbeitet.

Absurdes Theater. … wie erwähnt choreografisch bestens umgesetzt, … (wenn) die Akteurinnen und Akteure (überwiegend im Grundschulalter) Aktenordner hin und her tragen und die Rede ist von „aktenkundig“, „Behördenbericht“ und „Hausdurchsuchung“.

Eine Geschichte im Stück ist die von Orloff, der zu viel Erbsenpüree aß – und starb, und viele nach ihm, allein, weil sie davon hörten. Oder die Geschichte von der Frau, die ihr Kind aus dem Maul eines Hundes rettete. Als sie bemerkte, dass es gar nicht ihr Kind war, warf sie es dem Hund wieder zu, um ihr eigenes zu retten. Dieser Art sind Daniil Chams verrückte Geschichten, die im Kinderstück des Transit Theaters unter der Regie von Max Petermann fragmentiert werden, gesprochen von jeweils unterschiedlichen Kindern. Und noch ein Satz aus dem Stück: „Alles Menschen, die nicht Fuß fassen können.“

So auf den Punkt gebracht klingt das Ganze etwas gruselig. Dieses Gefühl stellt sich jedoch nicht beim Zuschauen ein. Da sind nette Aktionen auf der Bühne, die Kinder spielen sich Wörter zu, fragen nach, musizieren stimmungsvoll, singen „Sascha liebt nicht große Worte, er war von der andern Sorte… nja nja nja…“, manchmal von Klavier, Cello und anderen Instrumenten begleitet. Die segmentierten und collagierten Inhalte kann das junge Publikum gar nicht so schnell durchdenken oder einordnen, hängen bleiben Bilder, Kostüme, durchgängig in schwarz-weiß und grau, sehr ästhetisch.

Begeistert waren die Kinder, die beim Herbstworkshop mitgemacht haben. Ein Vater berichtet, dass seine achtjährige Tochter ausgesprochen gerne bei den Proben war. Petermann und Volker Ell (Musik) sowie das gesamte Männerteam haben die jungen Schauspielerinnen und Spieler wohl richtig mitgerissen. Da gab es auch Zeit, sich mit den für Kinder sehr wohl wichtigen Themen auseinanderzusetzen, es wurde gespielt, ausprobiert, verworfen, gebaut, vermutlich viel gelacht und gesungen. Nach intensiven zwei Wochen nun die Aufführung.“

 

Eine Zuschauerin schreibt zu „DANIIL ZAUBER“ (November 2018)

Ich sitze in einem voll gefüllten Saal und schaue mir ein Theaterstück an, das meinem geliebten Charms gewidmet ist. „Na und?“, sagt ihr, „das ist nichts Besonderes“, sagt ihr.
Aber die Sache ist, dass es gleichzeitig fantasievoll und real, kompliziert und einfach, lustig und zugleich traurig ist. Genauso, wie es sein soll, wenn ihr Charms begegnet.
Ich schaue die Theaterproduktion „Daniil Zauber“ vom Theater Transit in Darmstadt.  Regie – Max Peterman, Musik – Volker Ell, Dramaturgie/Text  – Ossian Hein, Kostüme – Balduin Bollin. Vier erfahrene Zauberer und 13 ihrer Lehrlinge haben dieses Wunder geschaffen. Auf der Bühne steht auch meine 9-jährige Enkeltochter.
Wovon handelt dieses Stück? Das ist gar keine einfache Frage, und verschiedene Leute beantworten sie auf verschiedene Art.
Der erste sagt, es handelt davon, wie ein Mensch mit einem totalitären System kollidiert. Der nächste sagt, es gehe um die Unmöglichkeit und Notwendigkeit der Koexistenz von Bösem und Gutem. Oder handelt es über das Leben, das so eng mit dem Sterben verbunden ist, dass man es nicht voneinander trennen kann? Und eine andere Frage: Verstehen die Kinder, was auf der Bühne passiert, oder sind sie nur Farben und Palette, womit ein Meister sein Werk schafft?
Ich bin überzeugt, dass das Wissen uns über viele Wege erreicht. Und so komisch es sich anhört, Wissen ist nicht immer vom Verstehen begleitet. Gibt es denn viele Erwachsene im Saal, die von sich behaupten können, alles „verstanden“ zu haben? Natürlich nicht! Aber die erhellten, überwältigten Gesichter sagen, dass es angekommen ist. Die Kinder auf der Bühne spielen gerne und die Kinder im Saal schauen gerne zu. Vielleicht soll man erst einmal nicht mehr verlangen.
Auf der Bühne herrscht eine unglaubliche Atmosphäre des Erschaffens, der Kreativität und Lebhaftigkeit. Jedes Kind ist in jedem Moment ernsthaft beschäftigt – es spielt! Man sieht, dass die Kinder nicht auswendig gelernte Texte und Bewegungen wiederholen, sondern im Stück leben, genauer gesagt, sich einfühlen.
Hier ist meiner Meinung nach das Geheimnis des Erfolges versteckt und den Hauptverdienst daran haben die Schöpfer dieses Stückes. Max spricht zu uns mit einer komplexen Theatersprache. Wie kann man eine seelenlose Repressionsmaschine zeigen, irgendeine Behörde, die entscheidet, ob ein Mensch sein darf oder nicht? Einfach verschwinden darf ein Mensch nicht! Das widerspricht den Regeln.
 Die „Behörde“ hat weder ein Gesicht noch einen Namen. Man könnte sie Gestapo nennen oder KGB –  je nachdem, welches historische Erbe man hat. Die netten Kindergesichter verstecken sich hinter den absurden Brillen und merkwürdigen Hüten, die Individualität ist wegradiert, die Bewegungen werden mechanisch, die Stimmen ausdruckslos. Und was passiert mit den Menschen, die in die Hände der Behörde geraten? Sie werden zu Aktenmappen und Nummern.
Auf der Bühne erscheint plötzlich Sand. Zuerst prasselt es aus einem Buch, dann aus Gläsern, dann aus Eimern. Was ist das? Diese Frage sollte  man der Regie nicht stellen. Lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf. Vielleicht ist das der Zeitlauf, vielleicht sind es die tausende zugrunde gerichteten Schicksale.
Am Ende des Stücks, als meine Enkeltochter Hannah das berühmteste Gedicht von Charms auf Russisch erzählt  „Ein Mensch kam aus dem Haus heraus …“ und mit ihr zusammen ein Junge die gleichen Zeilen auf Deutsch liest, da werde ich von einer Welle der Dankbarkeit erfasst und mir kommen die Tränen in die Augen.
In meinem kleinen Notizblock stehen viele Fragezeichen. Das ist kein Zufall. So viele Fragen stellt dieses Stück. Für mich eine der wichtigsten: „Warum gibt es kein solches Theaterstück in meiner Heimat, in Russland?“
                                 Tatyana Mikhaylova, Großmutter von Hannah (einer Spielerin), Nowosibirsk

 

DAS HERBSTPROJEKT – Wie wir arbeiten
Rollen erfinden, Songs und Beats einstudieren, eine Geschichte spinnen, sie auf der Bühne zum Leben erwecken und dann vor großem Publikum zeigen – das ist das Herbstprojekt für Enthusiasten. Proben an zwei Wochenenden und in denHerbstferien, mehrere Aufführungen an Wochenenden im Oktober/ November.

Kinder zwischen 7 und 13 Jahren entwickeln zusammen mit einem Theaterpädagogen, einem Musik-pädagogen und weiteren Profis ein Theaterstück, das in einem pro-fessionellen Theater vor einem echten Publikum mehrfach gespielt wird. Dabei steht weniger das herausragende, schauspielerische Können im Mittelpunkt, als vielmehr die Neugier und die Begeisterung für ein außergewöhnliches Projekt. Die Probentage sind intensiv und abwechslungsreich, sie bieten den Kindern eine Fülle von musisch-ästhetischen Erfahrungen: Bewegungstraining, Lieder, Rhythmen, freies und gebundenes Spiel, Umgang mit Material und vieles mehr…. all das lässt die Zeit wie im Fluge vergehen und am Ende steht, wie durch Zauberhand, ein fertiges Theaterstück.

 

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